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zögern schießen.«
»Na, da bin ich aber gespannt, wie du das an-
stellen willst.« Das schmutzige Grinsen Mallorys
hatte jetzt eine unangenehme Ähnlichkeit mit
dem Jack Nicholsons in der Rolle des Jokers, des
finsteren Gegenspielers in einem der Batmanfil-
me, den Stan besonders liebte. »Ich hatte leider
noch keine Gelegenheit, dir den Umgang mit die-
sem Wunderwerk der Technik zu demonstrieren.
Da wäre erst einmal das Entsichern. Weißt du,
wie das geht?«
Automatisch schüttelte Stan den Kopf. Ihm
wurde immer unbehaglicher zumute. Wenn On-
kel Mallory recht hatte, dann hielt er zwar eine
fürchterliche Waffe in der Hand, konnte sie aber
gar nicht benutzen, weil er sie nicht entsichert
hatte. Ohne Mallory aus den Augen zu lassen, ta-
stete er deswegen am Schaft der Waffe nach ei-
nem Hebel oder einer ähnlichen Vorrichtung, mit
dessen Hilfe er die Waffe schußbereit machen
konnte.
»Und dann ist da die Sache mit der Schußposi-
tion«, fuhr Onkel Mallory lässig fort. »Du hast das
Gewehr an die Hüfte gelehnt und zielst auf mei-
nem Kopf. Hältst du das etwa für klug, Stan?« Er
machte eine Kunstpause, als würde er allen Ern-
stes auf eine Antwort seines Neften warten. »Tzz,
tzz, tzz«, machte er schließlich und schüttelte den
Kopf. »Weiß du, wenn du jetzt schießt, reißt dir
der Rückstoß die Waffe nach oben. Vielleicht
holst du damit eine Seemöwe vom Himmel. Mich
kannst du jedenfalls so nicht treffen.«
»Eh ...«, machte Stan hilflos. Den Sicherungshe-
bel hatte er noch immer nicht gefunden. Er wandte
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seinen Blick von seinem Onkel ab und wollte das
Gewehr genauer untersuchen.
Aber er kam nicht dazu. Mallory schien nur dar-
auf gewartet zu haben, steppte einen Schritt vor
und schlug Stan mitten ins Gesicht. Der Junge tau-
melte einen Schritt zurück, fassungslos, daß er auf
einen solch simplen Trick reingefallen war. Mallo-
ry ließ jetzt nicht mehr locker. Er packte das Ge-
wehr am Lauf und zerrte mit aller Gewalt daran.
Stan spürte, wie er den Halt zu verlieren begann,
ließ die Waffe dann schließlich los und stieß mit
rudernden Armen gegen die Reling. Einen
schrecklichen Augenblick fürchtete er, er würde
rückwärts über die Reling ins Wasser stürzen,
doch dann fing er sich wieder.
Mühevoll stieß er sich nach vorne ab und blieb
schwer keuchend stehen. Schwarze Ringe tanzten
vor seinen Augen, und als er wieder klarer sehen
konnte, erkannte er, daß sein Onkel den Spieß um-
gedreht hatte. Er stand mit der Waffe im Anschlag
vor ihm und hatte wieder sein schmutziges Grin-
sen aufgesetzt.
»Hab' ich's mir doch gedacht«, sagte er zufrie-
den. »Ich war wieder so schlampig und habe das
Gewehr gar nicht gesichert.« Er kicherte. »Du hät-
test jederzeit abdrücken können, Stan. Und das
mit dem Rückschlag ist bei einer modernen Waffe
auch nicht mehr so schlimm. Gut möglich, daß du
mich getroffen hättest.«
»Waaas?« Stan schüttelte benommen den Kopf.
Das, was er hinter Mallory sah, war einfach un-
glaublich!
»Du hast grob fahrlässig deinen Vorteil aufge-
geben«, fuhr Mallory fort, der Stans Frage offen-
sichtlich auf sich bezog. »Vielleicht doch ganz gut,
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daß du nicht in meine Firma eingetreten bist. Ei-
nen solch unkonzentrierten Mitarbeiter hätte ich
gar nicht gebrauchen können.«
Stan verzichtete auf eine Anwort. Er war auch
viel zu verwirrt dazu. Alles hätte er geglaubt, aber
nicht, daß Virginia sich hätte aus ihren Fesseln
selbst befreien können. Aber doch genau das muß-
te geschehen sein. Denn seine Schwester war
bleich und mit wirren Haaren in der Kabinentür
erschienen; sie sah einfach fürchterlich aus, mitge-
nommen nicht nur durch das, was man ihr ange-
tan hatte, sondern auch durch die Szene, die sie
jetzt direkt vor Augen hatte.
Stan hätte bei ihrem Anblick laut losheulen kön-
nen. Was tat ihnen Mallory an? Was war in diesen
reichen Mann gefahren, daß er Kinder so quälte?
Aber für solcherart Überlegungen war jetzt keine
Zeit. Im ersten Moment fürchtete er sogar, Virgi-
nia würde sich einfach mit einem Wutschrei auf
Onkel Mallory stürzen, und wie ein Gedanken-
blitz erschien vor ihm die Vision, wie sich sein On-
kel umdrehte, kurz anlegte und abdrückte, wie
Virginia vom Aufprall der Kugel zurückgeschleu-
dert wurde und tot die Treppe in die Kabine zu-
rückfiel. Aber Virginia war zu schlau dazu. Sie
blieb nur kurz stehen, und dann, mit langsamen
und vorsichtigen Bewegungen, setzte sie sich in
ihre Richtung in Bewegung.
»Und jetzt, mein lieber Stan, kommen wir zum
Finale«, sagte Mellory zufrieden, dr von Virginias
Erscheinen nichts mitgekriegt hatte. »Wenn du jetzt
bitte über Bord springen würdest ... Du hattest ja
eben schon einen guten Versuch dazu gestartet.«
»Ich mach' das nicht«, stammelte Stan. »Du
wolltest doch in Ruhe mit mir reden ... «
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»Ja, genau. Und mehr habe ich nicht zu sagen
als: spring.« Mallory richtete die Mündung des
Gewehrs genau auf Stans Gesicht. »Oder soll ich
dir vorher erst ein Loch durch den Kopf schie-
ßen?«
Stan kam nicht mehr zu einer Entgegnung. Fas-
ziniert beobachtete er, wie sich Virginia weiter an-
schlich. Sie war genau im richtigen Moment aufge-
taucht und doch: Was sollte ein achtjähriges Mäd-
chen schon gegen einen bewaffneten erwachsenen
Mann ausrichten?
»Du hättest es in meiner Finna weit bringen
können«, sagte Mallory, der die Situation offen-
sichtlich genoß. »Und so ganz werde ich wohl nie
verstehen, warum Typen wie du vor lauter Fami-
liensentimentalität alles aufs Spiel setzen, letztlich
sogar ihr Leben.« Er schüttelte den Kopf. »Dabei
habe ich keine Mühe gescheut, um sicherzustellen,
daß ihr in meine Obhut kommt. Es hat mich eine
ganz schöne Stange Geld gekostet, Gillian aus ih-
rer Agentur rauszudrängen und sie so an den fi-
nanziellen Ruin zu drängen, daß sie schließlich zu
mir angekrochen kam.«
Stan glaubte seinen Ohren nicht zu trauen.
Auch Virginia wirkte erschüttert und war mitten
im Schritt stehengeblieben: Die ungeheuerlichen
Worte ihres Onkels mußten sie genauso treffen
wie Stan.
»Das warst alles du?« fragte Stan ungläubig.
»Für unser ganzes Pech im letzten Jahr warst du
verantwortlich? «
»Aber ja«, sagte Mallory verächtlich. »Aber es
war eine saubere Fehlinvestition.« Virginia hatte
sich wieder in Bewegung gesetzt und war jetzt di-
rekt hinter ihm. »Also ... leb wohl! «
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Genau in dem Moment sprang ihn Virginia an.
Sie hatte sich einfach mit aller Kraft abgestoßen
und war auf seinen Rücken gesprungen; jetzt um-
klammerte sie seinen Hals, und wenn die Situation
nicht so ernst gewesen wäre, hätte Stan sicherlich
laut aufgelacht, so lächerlich sah es aus, wie das
kleine Mädchen auf Onkel Mallorys Rücken hing
und ihn zum Stolpern brachte.
Mallory ging leicht in die Knie und taumelte
vollkommen überrascht vorwärts, ein, zwei Schrit-
te nur. Aber das reichte. Stan streckte einfach sein
Bein vor und Mallory stolperte darüber. Er stürzte
schwer zu Boden, und das Gewehr entglitt seiner
Hand und rutschte auf die Reling zu. Wenn sie mit
Mallory fertig werden wollten, brauchten sie un-
bedingt die Waffe; dessen war sich Stan nur zu
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